Ich muss gestehen, dass ich erst nach diesem Buch gegriffen habe, nachdem mich der Klappentext des 2. Teil so angesprochen hatte (Ich sage nur: feministischer Podcast!). Der Klappentext von "Breakaway" klang für mich hingegen wie viele andere Geschichten aus diesem Genre - auch wenn sich hinterher herausgestellt hat, dass noch so viel mehr hinter diesem Buch steckte, als ich zuerst annahm.
Vorweg: New Adult ist nicht mein Lieblingsgenre. Ich lese überwiegend Fantasy, doch manchmal brauche ich nach mehreren Büchern in der Richtung auch mal einen Genrebruch. Dennoch gibt es wirklich nur wenige New-Adult-Bücher, die ich wirklich mochte und meistens waren diese dann immer von denselben Autorinnen. Von Anabelle Stehl hatte ich zuvor noch nie etwas gelesen - wie auch, es ist immerhin ihr Debütroman - weswegen ich völlig ohne Erwartungen an die Geschichte herangegangen bin. Ich kannte sie jedoch schon von ihrem YouTube-Kanal, weswegen sie mir nicht gänzlich unbekannt war und ich mich schließlich doch dazu entschied, Breakaway eine Chance zu geben.
Zum Schreibstil: Dieser passt wirklich sehr gut zur Geschichte. Er ist locker, flüssig und lässt sich leicht lesen. auch wenn ich zugeben muss, dass es einige Wortwiederholungen gab, doch das hat meinen Lesefluss nicht zu sehr beeinträchtigt. Mein Lieblingszitat:
"Scham stirbt, wenn Geschichten erzählt werden" (S.435)
Zur Handlung möchte ich nicht allzu viel vorwegnehmen, aber die Problematik hier fand ich sehr gut ausgewählt und auch besonders wichtig. Ich habe darüber in wenigen Büchern gelesen, aber da wurde es meist als Randthema behandelt, es war also nie im Fokus. Hier konnte diesem endlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, worüber ich sehr froh war. Aber abseits von der Hauptproblematik liest man auch über Freundschaften, Geschwisterliebe und natürlich auch über eine Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonist:innen. Diese war sehr zart und hat mir gut gefallen, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass sie vielleicht über einen etwas längeren Zeitraum entstanden wäre.
Aber was den Roman von anderen Geschichten in seinem Genre etwas abhob waren meiner Meinung nach die Beschreibungen der auftretenden Personen. Es ist mir nicht nur in diesem Genre aufgefallen, sondern auch bei Romantasy-Bücher und vielen weiteren, aber ständig müssen die männlichen Protagonisten einen stark definierten Körper haben. Gerade bei NA kommt es dann zu seitenlangen Beschreibungen dieser Muskeln - was ich irgendwann ziemlich störend und auch unrealistisch finde. Wenige sind so definiert wie die männlichen Buchcharaktere im wahren Leben, ja, es gibt sie, aber wieso müssen so viele Buchcharaktere körperlich perfekt sein? Und ich kann bisher keinen einzigen männlichen Charakter im New Adult-Genre aufweisen, der kein Sixpack oder zumindest einen definierten Bauch besitzt. Hier hat das aber keine Rolle gespielt. Ich wusste nicht einmal, ob unser männlicher Protagonist hier definiert ist oder nicht. Hat es mich gestört? Nein, definitiv nicht! Hierbei haben sich die beiden Hauptcharaktere nicht ständig auf das äußere Erscheinungsbild reduziert, sondern sich zwar angeschmachtet, aber nicht auf eine unangenehme Art und Weise. Es blieb alles recht zurückhaltend - und gerade das hat mir unglaublich gut gefallen!
Auch, dass das Thema Freundschaft und Geschwisterliebe in diesem Buch eine so zentrale Rolle einnimmt ist mir sehr positiv im Gedächtnis geblieben. Das Setting in Berlin fand ich ebenfalls sehr erfrischend!
Die Charaktere konnten mich auch überzeugen. Mit Lia hatte ich anfangs noch meine Probleme, da sie sich doch sehr verschloss und ein Netz aus Lügen um sich herum wob, aber im Laufe der Geschichte konnte ich immer mehr hinter ihre Fassade blicken. Noah mochte ich auf Anhieb. Er ist freundlich, loyal und hat ein großes Herz. Auch seine Beziehungen zu seinen Geschwistern war einfach nur herzerwärmend. Nebencharaktere wie Phuong, Kyra und Daniel mochte ich ebenfalls und konnten mir die Geschichte versüßen.
Ich war eigentlich rundum zufrieden, jedoch sind mir 1-2 Kleinigkeiten aufgefallen, bei welchen noch etwas Luft nach oben war:
Zum einen hätte ich mir gewünscht, dass noch etwas mehr auf die Thematik eingegangen wäre. Über den Großteil des Buches wurde nie explizit gesagt, wovor Lia geflüchtet ist (Obwohl ich es in Teilen geahnt hatte) und die Auflösung wird dann doch recht schnell abgehandelt. Da hätte ich mir gerne noch etwas mehr Input und Auseinandersetzungen gewünscht.
Ab und an waren mir manche Szenen im Buch zu lang. Ich würde nicht sagen, dass "Längen" entstanden sind, weil alle Szenen für den Verlauf der Geschichte wichtig waren, aber wenn man hier und da diese etwas gekürzt hätte, hätte das der Geschichte auch keinen Abbruch getan. "Breakaway" ist auch das dickste NA-Buch, welches ich bisher gelesen habe.
Doch trotz der Kritikpunkte konnte "Breakaway" mich berühren und hat mir schöne Lesestunden beschert. Ich freue mich schon sehr auf "Fadeaway", wo es dann um Kyra gehen wird. Von mir gibt es gute 4/5 Sternen!